Erfolg für einen vermeintlichen Temposünder: In Herford hat sich ein Autofahrer vor Gericht gegen einen Bußgeld-Bescheid gewehrt. Und der Richter gab ihm Recht: Die Lasermessung reiche als Beweis nicht aus, dass er zu schnell gefahren sei. Das Urteil entsetzt die Polizei.
Amtsrichter Helmut Knöner hat einen Autofahrer freigesprochen, der laut Messung der Polizei in einer Tempo-30-Zone mit 51 km/h unterwegs war. Der vermeintliche Verkehrssünder argumentierte vor Gericht: Nicht sein Auto, sondern ein anderes sei erwischt worden. Tatsächlich meint Knöner: "Die Lasermessung allein reicht als Beweis nicht aus." Sein Urteil: im Zweifel für den Angeklagten. Und der Richter kündigt an: "In ähnlichen Fällen würde ich wieder so entscheiden."
Hintergrund: Die Polizei hatte die Geschwindigkeit mit einer Laser-Pistole gemessen, die keine Fotos macht. Technisch funktionieren die Geräte zwar einwandfrei. Doch einige Gutachter und eben auch Richter Knöner meinen: Es sei nicht auszuschließen, dass die Polizei bei solchen Kontrollen versehentlich falsche Fahrzeuge erwische. Denn je weiter weg das anvisierte Objekt, desto größer wird der Messbereich des Laserstrahls.
Für den Herforder Amtsrichter liefern nur Geräte mit Fotofunktion stichhaltige Beweise. Doch die sind teuer: Sie kosten bis zu 20.000 Euro, die einfachen Laser-Pistolen nur ca. 6000 Euro. Die Polizei setzt vor allem auf die günstigen Geräte, da sie davon mehr beschaffen und so auch mehr Tempokontrollen durchführen kann. Thomas Decken, Leiter der Verkehrsdirektion im Kreis Mettmann, sagt: "Wenn wir nachrüsten müssen, haben wir weniger Messungen - und somit weniger Verkehrssicherheit."
Aber Richter Knöner ist vor allem eines wichtig: Rechtssicherheit. Grundsätzlich zweifle er zwar nicht an der korrekten Arbeit der Polizei. Doch der Bürger habe ein Recht auf nachvollziehbare Beweise. Ohne Fotos lägen die nicht vor. Und wenn ein vermeintlicher Raser glaubhaft darlege, dass - z.B. bei dichtem Verkehr - auch ein anderes Fahrzeug erwischt worden sein kann, stünde Aussage gegen Aussage. Im Zweifel müsse er für den Angeklagten entscheiden, da die Polizisten sich wohl Monate später nicht an jedes einzelne Fahrzeug erinnern könnten.
Für Polizist Decken ist diese Entscheidung eine Katastrophe: "Ich finde es befremdlich, dass der Personalbeweis durch die Polizei nicht mehr ausreicht. Das kann man dann ja auch auf Gurt- oder Handyverstöße beziehen. So viele Fotos können wir gar nicht machen." Decken sagt, schon vor Ort würden die Polizisten wie ein Richter vorgehen: Im Zweifelsfall werde die Messung verworfen und gar nicht erst zur Anzeige gebracht.
Zwar haben auch schon andere Richter ähnlich wie Knöner entschieden und Bußgelder für nichtig erklärt. Aber als Freispruch für alle potenziellen Temposünder gelten die Urteile nicht. Jeder Ertappte muss selbst vor Gericht ziehen und auf Milde hoffen. Knöner warnt: "Es wird immer individuell entschieden. Wenn klar ist, dass im Messbereich nur ein Fahrzeug war, hat der Betroffene Pech gehabt."